Schwarze & Weindorf
Zwangsstörungen
Diagnostik und Psychotherapie in München
Was ist eine Zwangsstörung?
Zwangsstörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen Menschen unter wiederkehrenden Gedanken (Zwangsgedanken) oder wiederholten Handlungen (Zwangshandlungen) leiden, die sie selbst als unsinnig oder übertrieben erleben – sich ihnen aber trotzdem nicht entziehen können. Diese Symptome verursachen oft starke innere Anspannung, Angst oder Unruhe und schränken den Alltag erheblich ein.
Typische Zwangsgedanken
Zwangsgedanken sind aufdringliche, unerwünschte Gedanken, Bilder oder Impulse, die immer wiederkehren und belastend sind. Sie lassen sich willentlich kaum kontrollieren. Typische Inhalte sind:
Aggressive Gedanken:
z. B. „Ich könnte mein Kind verletzen“, „Ich könnte jemandem etwas antun“
→ Die Betroffenen sind meist tief erschrocken über solche Gedanken.Sexuelle oder blasphemische Gedanken:
z. B. obszöne Bilder, sexuelle Vorstellungen gegenüber Unpassenden (z. B. Kindern oder Verwandten) oder Gotteslästerungen (besonders bei religiösen Menschen).Kontaminationsängste:
z. B. die Vorstellung, man könnte andere mit Krankheitserregern infiziert oder versehentlich vergiftet haben (z. B. durch Putzmittel).Verantwortungsängste:
z. B. „Wenn ich nicht alles genau prüfe, könnte jemand zu Schaden kommen.“
→ Meist verbunden mit übersteigerter Sorge um mögliche Katastrophen.Zähl- oder Ordnungszwänge im Kopf:
z. B. zwanghaftes inneres Zählen oder Wiederholen bestimmter Sätze zur „Beruhigung“ oder „Verhinderung von Unheil“.
Typische Zwangshandlungen
Zwangshandlungen sind immer wiederkehrende, ritualisierte Verhaltensweisen, die durchgeführt werden, um die innere Anspannung oder Angst zu reduzieren, die durch Zwangsgedanken ausgelöst wird. Diese Rituale wirken kurzfristig beruhigend, verstärken aber langfristig die Störung. Häufige Zwangshandlungen sind:
Wasch- und Reinigungszwänge:
z. B. ständiges Händewaschen, Duschen, Desinfizieren oder Reinigen von Gegenständen, oft aus Angst vor Keimen oder „Unreinheit“.Kontrollzwänge:
z. B. mehrfaches Prüfen, ob Herd, Wasserhahn, Tür oder Licht aus ist – aus Angst, sonst einen Schaden oder ein Unglück zu verursachen.Ordnungs- und Symmetriezwänge:
z. B. Dinge müssen exakt ausgerichtet, in einer bestimmten Reihenfolge oder symmetrisch angeordnet sein – sonst entsteht starke Unruhe.Wiederhol- oder Zählzwänge:
z. B. bestimmte Bewegungen, Sätze oder Gedanken müssen exakt oder eine bestimmte Anzahl von Malen wiederholt werden.Vermeidungshandlungen:
z. B. Orte oder Tätigkeiten werden gemieden (wie Supermärkte, bestimmte Wege), weil sie Zwangsgedanken auslösen könnten.
Wie entstehen Zwangsstörungen?
Was verursacht Zwangsstörungen?
Zwangsstörungen entstehen aus einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren:
Lernpsychologische Einflüsse:
Ein neutraler Reiz (z. B. Türklinke) wird mit Gefahr (z. B. Keime) verknüpft. Durch das Ritual (z. B. Händewaschen) reduziert sich die Angst – das verstärkt das Verhalten langfristig (klassische und operante Konditionierung).Kognitive Faktoren:
Die Gedanken werden als bedrohlich überbewertet („Wenn ich das denke, passiert auch etwas“), was die Angst steigert. Die Betroffenen sehen sich oft als übermäßig verantwortlich für mögliche negative Ereignisse und wollen jede Unsicherheit vermeiden.Biologische und entwicklungspsychologische Aspekte:
Es gibt Hinweise auf genetische Mitverursachung, neurobiologische Besonderheiten und frühe Lebenserfahrungen (z. B. Bindungsunsicherheit, autoritäre Erziehung), die das Sicherheitsbedürfnis erhöhen.
Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen
In unserer Praxis setzen wir auf die kognitive Verhaltenstherapie, diese hat sich bei der Behandlung von Zwangsstörungen als besonders wirksam erwiesen. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass Sie Zwangsgedanken und Zwangshandlungen schrittweise überwinden und wieder mehr Kontrolle und Lebensqualität gewinnen.
Was erwartet Sie in der Therapie?
Im Mittelpunkt der Behandlung steht ein erprobtes Verfahren namens
Exposition mit Reaktionsverhinderung (ERP). Dabei begleiten wir Sie dabei, sich gezielt den Situationen oder Gedanken zu stellen, die Ihre Zwänge auslösen – ohne danach wie gewohnt mit einer neutralisierenden Handlung (Zwangshandlung) zu reagieren.
Die Exposition mit Reaktionsverhinderung (ERP) ist das zentrale Verfahren der Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen. Sie gehört zu den wirksamsten psychotherapeutischen Methoden in diesem Bereich.
Doch wie wirkt ERP genau?
Hier erklären wir Ihnen die entscheidenden Wirkfaktoren, die wirksam zusammenspielen, wenn wir gemeinsam mit Ihnen diese Methode anwenden:
1. Gewöhnung („Habituation“)
Wenn Sie sich einer angstauslösenden Situation stellen – ohne das gewohnte Zwangsritual auszuführen – spüren Sie zunächst eine deutliche innere Anspannung. Doch mit der Zeit nimmt diese von selbst ab. Das nennt man Habituation.
Sie erleben: „Ich halte das aus – und die Angst verschwindet auch ohne meine Handlung.“
Diese Erfahrung ist für viele Betroffene ein entscheidender Wendepunkt in der Therapie.
2. Neue Lernerfahrung („Korrektive Erfahrung“)
Die meisten Zwangshandlungen dienen dazu, befürchtete Katastrophen zu verhindern.
Im Rahmen der Exposition wird deutlich: Das befürchtete Ereignis tritt nicht ein – auch wenn das Ritual unterbleibt.
Sie lernen: „Meine Gedanken sind nicht gefährlich – ich muss nicht alles kontrollieren.“
Das stärkt Ihr Vertrauen in sich selbst – und schwächt die Macht der Zwänge.
3. Abbau negativer Verstärkung
Zwangshandlungen wirken kurzfristig entlastend – genau das macht sie so hartnäckig.
Durch das Nicht-Ausführen der Zwangshandlung entfällt dieser kurzfristige „Belohnungseffekt“. So wird das zwanghafte Verhalten nicht weiter aufrechterhalten, sondern verliert nach und nach an Stärke.
Je öfter Sie die Zwangsrituale unterlassen, desto mehr verliert das System seine Funktion – die Zwänge werden überflüssig.
4. Aufbau von Vertrauen und Selbstwirksamkeit
Viele Betroffene zweifeln daran, belastende Gefühle auszuhalten oder Verantwortung zu tragen.
Im therapeutisch begleiteten Expositionstraining machen Sie die Erfahrung:
„Ich kann das schaffen – ohne Zwang, ohne Rückversicherung.“
Dieses wachsende Gefühl von Selbstkontrolle und Stärke ist ein zentraler Schritt auf dem Weg in die Freiheit von Zwängen.
Diese Methode ist wissenschaftlich sehr gut untersucht und führt bei den meisten Betroffenen zu spürbarer und nachhaltiger Besserung
Kognitive Strategien: Neue Denkwege entwickeln
In vielen Fällen arbeiten wir zusätzlich mit kognitiven Methoden. Gemeinsam hinterfragen wir:
Wie entstehen Ihre beunruhigenden Gedanken?
Welche Rolle spielen überhöhte Verantwortung oder das Bedürfnis nach absoluter Sicherheit?
Welche alternativen Sichtweisen helfen Ihnen, sich zu entlasten?
Gerade wenn Sie unter belastenden Gedanken leiden, ohne sichtbare Rituale, ist dieser Ansatz besonders hilfreich